
18 Feb Jetzt ist die Zeit für aktive Investoren
Handelsblatt Inside – Real Estate
18.02.2o22
Die Inflation sorgt in der Immobilienbranche für noch mehr Renditedruck. Deshalb dürften die meisten Businesspläne nicht mehr ohne eine aktive Wertschöpfung auskommen, meint Michael Peter, Gründer und Geschäftsführer der P&P Group.
Die KfW hat es schon Ende 2021 festgestellt, das Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung Mannheim bestätigte jüngst diesen Trend: Die deutsche Wirtschaft investiert nicht mehr genug. Die Unternehmen wirken wie gelähmt von der Coronakrise, und weite Teile des Immobiliensektors sind hier keine Ausnahme. Hinzu kommt, dass der Markt in den vergangenen „fetten Jahren“ sehr gnädig zu passiven Investoren war, also zu denjenigen, die Objekte erwarben und tatenlos auf steigende Preise spekulierten – um dann mit teils erheblichen Aufschlägen zu verkaufen.
Doch jetzt ist die Zeit für aktive Investoren. Denn die Inflation verschärft den Renditedruck über die gesamte Branche hinweg noch einmal. Ohne aktive Wertschöpfung werden die meisten Businesspläne nicht mehr auskommen. Das heißt, Eigentümer sollten direkt an der Immobilie arbeiten, etwa im Wohnsegment: Wo sind aus baurechtlicher Sicht Reserveflächen zu realisieren? Wo kann man nachverdichten? Wo lassen sich eine neue Haustechnik und eine neue Heizung einbauen?
Analog bei Gewerbeflächen: Welche Nutzungsmixe versprechen die größten positiven Kopplungseffekte? Welche strategisch wichtigen Mieter sollte man aus Frequenzgründen heraus quersubventionieren? Wer auf solche Fragen die passenden Antworten findet, schafft wirtschaftlichen und oft gesellschaftlichen Mehrwert. Der Verkaufserlös ist dann das Sahnehäubchen für den Investor und die Belohnung für seine „ehrliche Arbeit“.
Doch dafür braucht es viele Voraussetzungen. Über allem steht das entsprechende Bewusstsein: Wir sollten nicht mehr ständig von Krise reden, sondern von Aufbruch beziehungsweise Wandel. Und Unternehmen benötigen entsprechende Strukturen, um auch aktiv sein zu können. Marktteilnehmer, die in Zeiten steigender Preise Abteilungen zum Beispiel für Asset- und PropertyManagement oder Technik abgebaut beziehungsweise ausgelagert haben, um Kosten zu drücken, geraten jetzt ins Hintertreffen. Angesichts des angespannten Arbeitsmarkts kann man solche Expertise nicht so schnell (wieder) aufbauen.
Mit Blick auf das herausfordernde Marktumfeld sind solche Defizite fatal: Der Produktmangel ist groß wie eh und je, die Baukosten steigen so stark wie seit fünf Jahrzehnten nicht mehr, die Renditen kommen entsprechend noch stärker unter Druck. Und durch die zunehmende Regulierung des Mietmarkts sind die Möglichkeiten für steigende Mieteinnahmen limitiert. Kurzum: Wer heute als Investor auf dem Immobilienmarkt erfolgreich sein will, braucht agile Unternehmensstrukturen und reale, aktive Wertschöpfung. Buy and Hold ist tot.
Als in Fürth ansässiger Unternehmer erinnere ich mich an drei Figuren der Stadt, die für das Wirtschaftswunder stehen: Die Unternehmer Gustav Schickedanz und Max Grundig sowie der CDUPolitiker Ludwig Erhard. Den Gestaltungsanspruch von damals benötigen wir jetzt wieder – für ein Wirtschaftswunder nach Corona.
Was zu Erhards Zeiten Aufbruchstimmung genannt wurde, heißt heute positives Mindset. Das ist das Credo für die nächste Marktphase: Wir brauchen den Mut, neue Wege zu gehen – weniger passives, mehr aktives Investieren. Es ist Zeit für antizyklisches Handeln, das Erkennen von Potenzialen. Wer nur tatenlos abwartet, bis die Preise steigen, kommt künftig nicht mehr weit – und schafft kein neues Wirtschaftswunder. Doch dafür ist es höchste Zeit.
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