
31 Mrz Vier Fragen an Immobilienfachleute: „An der Grenze der Planungssicherheit“
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Immobilien
31.03.2022
Vier Fragen an Immobilienfachleute: „An der Grenze der Planungssicherheit“
Von Michael Psotta
Michael Peter, P&P Group, über hohe Baukosten und die Risikoverteilung zwischen Käufern und Verkäufern
Wo spüren Sie als Projektentwickler den Anstieg der Baukosten am meisten: bei den Bauarbeiten, dem Material, den Grundstücken oder den Kosten für Mitarbeiter?
Es ist vor allem die Mischung, die aktuell herausfordernd ist. Einige dieser Faktoren sind dabei besser planbar als andere: Dass die Grundstückspreise immer weiter steigen, ist ein schwerwiegender, aber kein neuer Effekt. Die Materialkosten hingegen sind schwerer vorauszusehen, mitunter werden hier tagesaktuelle Preise bezahlt – und das bei einem Anstieg von 60 bis 70 Prozent für einzelne Baustoffe. Für diese Situation gibt es zumindest in der jüngeren Geschichte der deutschen Immobilienbranche keinen Vergleich. Als Entwickler ist es hier von großem Vorteil, mit festen, langjährigen Kooperationspartnern zusammenzuarbeiten. Mit solchen Geschäftspartnern können auch Probleme, beispielsweise Lieferengpässe, auf Augenhöhe diskutiert werden. Beim Personal geht es eher darum, hoch qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen, die selbst unternehmerisch denken und das für die aktuelle Situation nötige Mindset mitbringen. Es ist nur fair, diese Spezialistinnen und Spezialisten dann auch angemessen zu entlohnen.
Wie können Projektentwickler eigentlich kalkulieren, wenn die Baukosten so heftig steigen wie jetzt?
Die gesamte Immobilienbranche sieht sich aktuell einer großen Anzahl von Unwägbarkeiten und Herausforderungen gegenüber. Neben den Auswirkungen von „schwarzen Schwänen“ wie Pandemie und Krieg sind das unter anderem auch die Dekarbonisierung im Rahmen der Klimapolitik, der Fachkräftemangel sowie der Atomausstieg. Vor diesem Hintergrund ist es umso wichtiger, mit Weitblick zu agieren. Die eingangs erwähnte Abnahme von Materialien zu Spot- Preisen kann durch langfristige Verträge verhindert werden. Gleiches gilt für Handwerkerleistungen. Aber bei einer so dynamischen Situation wie jetzt stoßen auch erfahrene und etablierte Akteure langsam an die Grenzen der Planungssicherheit.
Entscheidend ist, wer das Risiko der Kostensteigerung in der Entwicklungs- und Bauzeit trägt. Das wird ja in Verträgen normalerweise klar geregelt. Doch wie rechtssicher sind die Verträge in so wilden Zeiten wie den gegenwärtigen?
Ein Vertrag ist ein Vertrag, das gilt immer noch, solange nicht gerade einer der Partner Insolvenz anmelden muss – was bei extremen Beispielen aber durchaus auch als Drohszenario eingesetzt werden könnte. Eine frühe Festlegung des Kaufpreises wird unter den aktuellen Umständen problematisch.
Wie hilfreich sind da die sogenannten Forward Deals, bei denen der Käufer das Projekt weit vor der Fertigstellung zum festen Preis erwirbt?
Auch hier kommt es sehr stark auf die Details an, Forward Deal ist nicht gleich Forward Deal. Während der Projektentwickler beim Forward Funding in Raten je nach Bauabschnitt vergütet wird, erfolgt die Zahlung bei einem Forward Purchase erst bei Fertigstellung und Abnahme. Das ist ein riesiger Unterschied. Falls das Bauvorhaben nicht vollständig und mangelfrei hergestellt wurde, kann der Käufer die Abnahme hier verweigern oder zumindest Teile des Kaufpreises einbehalten. Das Errichtungsrisiko liegt nahezu vollständig beim Verkäufer. Während ein Projektentwickler vor der Corona-Pandemie dies weitgehend selbst in der Hand hatte, können nun beispielsweise die unterbrochenen Lieferketten dafür sorgen, dass wichtige Materialien nicht an die Baustelle gelangen und dort alles stillsteht. Bei einem Forward Funding ist der Entwickler zumindest teilweise davor abgesichert, wobei er das Inflationsrisiko trägt. Meiner Meinung nach war die starke Zunahme von Forward Deals dem Wunsch der Investoren geschuldet, sich überhaupt noch die knapp gewordenen Produkte sichern zu können. Die nun stark steigenden Preise machen eine Kalkulation schwierig, der Forward Deal ist riskant für Investor und Projektentwickler. Dementsprechend könnte es künftig bei den Transaktionen wieder „klassischer“ zugehen und erst nach weitgehender Fertigstellung zu einer Aushandlung der Kaufpreise kommen.
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